Gedanken zum iPhone

Das neue Jahr beginnt mit einer Revolution. Steve Jobs, Mitgründer und CEO von Apple Inc. hat letzte Woche das iPhone vorgestellt. Ein Mobiltelefon. Ein Mobiltelefon?? Ja ja, wenn ich schon im ersten Satz dieses Blogeintrags mit dem Wort „Revolution“ beginne muss schon etwas mehr dran sein.

Der lange Weg zum iPhone
Seit der Einstellung des Apple eigenen PDA (=Personal Digital Assistent) Newton Message Pad im Jahr 1998 träumen viele eingefleischte Fans von einem neuen mobilen „device“ des Hard- und Software-Unternehmens. Doch sie sollten lange warten. Im Oktober 2001 dann der erste iPod, welcher jedoch primär zum Musik hören verwendet wird und bis heute die Unterhaltungsindustrie stark beeinflusst hat.

iTalk - Produkttraum von Christopher Desantis

Im Oktober 2005 bekam der neueste iPod der 5. Generation endlich Videofunktionalität. Ein Feature, auf das viele Fans und Nutzer gewartet hatten, denn so manch ein Player der anderen Hersteller beherrschte Video schon längst. Doch auch das war nicht genug. Apple-Fans wie auch Presse, Blogger und andere Techexperten wussten: da muss noch etwas kommen, das ist nicht gut genug. Und so schürten im vergangenen Jahr unzählige Gerüchte, Fake-Prototypen, Patentanträge und Analysten-Urteile das Feuer um einen Widescreen-iPod, ein Apple-Telefon und einen ultraportablen Computer.

Keynote übertrifft Erwartungen
Und so war es vergangenen Dienstag wieder soweit: unzählige Journalisten, Technik-Enthusiasten und Apple Fans verfolgten in San Francisco die Keynote zur MacWorld Expo. Die Erwartungen waren in den letzten Wochen enorm. Schon lange erfolgte kein iPod-Update mehr – ein Video iPod war schon in den Köpfen fest verankert, ein Apple Telefon schien aufgrund der Gerüchte um Kooperationen mit dem US Netzbetreiber Cingular sehr wahrscheinlich. Doch Steve Jobs übertraf die großen Erwartungen und viele Träume bei weitem. Alle erhofften und erwünschten Produkte wurden in einem Objekt vereint: dem iPhone. Die Reaktionen der Keynote-Zuschauer reichten von fassungsloser Sprachlosigkeit bis entladender Jubelrufe.

Die fast 90-minütige Vorstellung der Funktionen und Möglichkeiten dieser von Jobs selbsternannten „Revolution“ bannte nicht nur die Zuschauer vor Ort. Überall auf der Welt verfolgten Apple-Fans mit Dauer-Refresh der teilweise überlasteten News-Websites die Show. Und auch die Finanz- und Pressewelt war dabei: innerhalb des ersten Tages berichteten fünf Beiträge auf Spiegel-Online über das neue Produkt. Der Aktienkurs von Apple stieg noch während der Präsentation um zwei Prozentpunkte und legte in den Folgetagen weiter zu.

Mehr als nur ein faszinierendes Produkt
Was ist es, was die Menschen begeistert? Nun, wie schon Spiegel-Online bemerkt, ist das iPhone mehr eine Evolution als Revolution. Nichts ist wirklich absolut neu an dem Gerät, aber die Tatsache, dass alles besser, einfacher und schließlich in einem schicken handschmeichelnden Objekt untergebracht ist, macht die Faszination aus. Touchscreen werden schon lange im PDA-Bereich eingesetzt, jedoch wird das iPhone statt mit einem stiftähnlichen Eingabegerät nur mit den Fingern bedient. Eine Besonderheit daran: man kann Gesten mit mehreren Fingern gleichzeitig machen und auf diese – laut Berichten sehr natürliche – Weise bspw. durch Musiktitel scrollen oder die Größe von Fotos ändern.

Ich möchte gar nicht so viel über Features reden, am besten mal sieht sich die Keynote selbst an. Bequem per Videopodcast über iTunes oder auf der Website von Apple.com. Auch wenn das iPhone erst im Juni zu erwarten ist und eine endgültige Funktionsübersicht auch erst dann beurteilt werden kann – es löst ein starkes „haben wollen“-Bedürfnis aus. New York Times Technik-Kolumnist David Pogue beschreibt es ungefähr so: Das mobile Telefon ist eins der persönlichsten digitalen Gegenstände der Menschen. Es begleitet uns fast rund um die Uhr, und wer könnte da einem wunderschön designten und durchdachten iPod-esquenen Telefon widerstehen können?

Saurer Apfel?
Ja, es gibt Gründe dafür. Das iPhone wird teuer, auf dem U.S. Markt soll es für knapp 500 bzw. 600 $ (4 GB vs. 8 GB Modell) mit einer Zweijahresvertragsbindung zu bekommen sein. Kein Zweifel, selbst Schönreden („aber dafür spart man sich ja den iPod“) senkt den Preis nicht. Doch es wird sie geben: die hippen, urbanen und vor allem zahlungskräftigen Menschen, die nun endlich wieder etwas haben, was noch nicht jeder hat (weiße Kopfhörer trägt ja mittlerweile „fast“ jeder).

Auch wenn Apple mit dem iPhone tatsächlich „nur“ 1% Anteil am gesamten Mobiltelefonmarkt erhalten sollte, dann wären immerhin gute 10 Millionen Geräte in den Hosen- und Handtaschen der Menschen. Und daran würde Apple ordentlich verdienen, schließlich geht das iPhone laut Schätzungen von iSuppli mit einer hohen Gewinnmarge über die Ladentheke.

Mein Fazit
Seit meiner Kindheit habe ich von einer realen Version eines Star Trek – „PADD“ geträumt – ein Akronym für Personal Access Display Device. Doch das iPhone ist noch cooler als ein PADD und Communicator zusammen. Wissend, dass ich mir auf mittlere Sicht vermutlich kein iPhone werde leisten können, war ich während der Keynote-Vorstellung schwer begeistert.

Die Funktionen, Features und das Multitouch-Display sind nicht neu und revolutionär – da haben die Kritiker schon Recht. Doch die elegante und Apple-typische Integration in ein kleines technisches High-End Schmuckstück machen das iPhone irgendwie doch zu einer begehrenswerten Revolution.

Noch ist es nicht die Eierlegendewollmilchsau, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass die Nachkommen von Mama iPhone die ein oder andere Kommunikationssparte nachhaltig verändern werden. Und ich fange jetzt einfach mal an zu sparen.

Interessante und auch witzige Links:
Die ersten Newton Werbeclips
YouTube: Colbert’s „Wag of the Finger“ – Apple
YouTube: Conan O’Brian „iPhone Commercial“
YouTube: ABC Berichterstattung iPhone
GoogleVideo: „iTalk“ – Fake Werbeclip
YouTube: Microsoft Steve Ballmer lacht über das iPhone
YouTube: Craig Ferguson über das iPhone

David Pogue durfte das iPhone testen…

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